Was das Bulnheimsche Haus von anderen Häusern dieser Bauart und Größe unter anderem auszeichnet,ist sein prächtiges Hauptportal von 1754.
Das Portal ist aus Sandstein und mit Rokokoschmuck versehen (erhabenes, nicht sehr hohes Relief auf glattem Stein).
Die originale Tür ist aus Eichenholz. Interessant ist, dass dieses Steinportal von Anfang an bemalt war.
Das ist in dieser Gegend nicht üblich oder es ist bisher nicht beachtet worden. Eventuelle weitere Beispiele sind früheren oder späteren Reinigungen zum Opfer gefallen.
Dieses Portal jedenfalls war „heftig“ bemalt. Und da die Farbreste unter den zahlreichen späteren Anstrichen liegen, eine spätere Übermalung auch dicke, opake Anstriche nötig machten, sind die Reste über die Zeiten konserviert worden und da sie zuunterst liegen, ist eine anderweitige Beeinflussung auszuschließen.
Es ist also ein bemaltes Portal und unwahrscheinlich, dass es das Einzige sein sollte.
Die Reliefformen des Portals sind Barock- und Rokokoformen. Die barocke Tektonik und Symmetrie beherrscht das gesamte Erscheinungsbild, ist aber belebt durch zahlreiche Abweichungen von einer „Spiegelung“.
Diese Abweichungen resultieren aus einem sehr freien Umgang mit dem Ornament-Material, so dass selbst kleine Versehen oder „Fehler“ in den noch nicht souverän beherrschten (Neuheit!) Rokoko-Ornament-Details dem Ganzen durchaus zugute kommen.
Unter vielen Uni-Anstrichen in Grau, einem Anstrich in mildem Moosgraugrün (grüne Erde?) und einem rosa Anstrich – der aufgrund seiner technischen Qualität heute wieder optisch dominiert, finden sich Reste einer Bemalung, die mit der Bemalung der Eichentür harmoniert; Reste einer prächtigen und sehr farbstarken Bemalung.
Das Portal an der Schauseite des Faktorenhauses – ein stark farbiger Akzent, Schmuck und „Firmenzeichen“ in Einem!
Da die Farben zum Teil nur in Spuren auffindbar sind, vor dem Rosa- Anstrich wohl auch so gut als möglich entfernt wurden, lässt sich eine hundertprozentige Farbdefinition nicht erbringen. Farbspuren finden sich in engen Vertiefungen des Reliefs und an Übergängen vom glatten Stein zum Relief, wo dann die Farbe der Reliefbemalung als auch die des Grundes neben- oder übereinanderliegen und die Zuordnung nicht immer einfach ist.
Ein Glücksfall ist deshalb die farbige Behandlung von Stein und Holz. Tür und Steinportal wurden zur gleichen Zeit und demzufolge als ein Objekt geschaffen. So lassen sich die Hauptfarben durch Vergleich relativ genau bestimmen. Die bisherigen Untersuchungen ergaben, dass die Türaußenseite in drei Farben bemalt war.
Die Zargen in einem kühlen, kräftigen Grün, die Füllungen und die Deckleiste in einem kräftigen, neutralen Rot – einer äußerst leuchtenden Farbe, die rhombisch erhabenen Teile der Füllungen und die erhabene Mitte der Deckleiste in hellblau mit einer Tendenz zum „Meergrün“.
Die vom Portal verdeckten Teile sind bräunlich-dunkel.
Auch die Tür war zeitweise grau übermalt. Ob die Türfelder glatt gestrichen waren oder ob zum Beispiel im Hellblau noch eine Marmorierung oder ähnliches angelegt waren – wir werden es nicht erfahren.
Die drei Buntfarben der Tür sind auch die Grundfarben des Portals. Das Portal ist in seinen glatten Bereichen hauptsächlich rot (wie die Türfüllungen). Das erhabene Relief ist in seinen floralen Teilen grün, ein kühles, bläuliches Grün, ähnlich dem der Tür. Muschelwerk, andere Ornamentteile und Profile sind in hellblau (Tür) oder in rosa, in krapprot, in grau und als weiteres Gestaltungselement in Gold.
Vergoldet waren das Monogramm in der Kartusche über der Tür und die Jahreszahl darunter, dazu Reliefteile des Ornamentwerkes des gesamten Portals.
Gegenwärtig sind Monogramm und Jahreszahl schwarz, darunter ist das Gold noch ziemlich reichlich vorhanden, an den anderen Stellen ist das Gold schwerer und zum Teil nur aufgrund der Ocker-Untermalung auffindbar.
Es hätte im nachfolgenden Rosa-Anstrich gestört und wurde entfernt. Daraus ergibt sich, dass Monogramm und Jahreszahl (trotz Besitzerwechsel) weiterhin betont wurden und sowohl im Rosa-Anstrich als auch eventuell (weil das gut aussieht) im nachfolgenden grünen Anstrich wahrscheinlich golden beibehalten wurden. Vermutlich erst die Grau Anstriche (mindestens drei) haben aufs inzwischen unansehnliche (und teure) Gold verzichtet, doch wieder nicht auf Monogramm und Jahreszahl, eben in schwarz.
Nur der letzte Grau-Anstrich ging auch über das Monogramm. Ähnlich wie bei der Tür stellt sich beim Türstock die Frage, waren die vom Relief vorgegebenen Formen jeweils mit einer Farbe glatt ausgelegt (beim Gold jedenfalls) oder gab es innerhalb der Farbflächen eine malerische Behandlung?
Zu vermuten ist letzteres, aber nicht zu beweisen.
Die nachfolgende Rosa-Übermalung – sie könnte von 1814 stammen, wo der gesamte Hof viele Veränderungen, Ergänzungen und Modernisierungen erfuhr – ist vermutlich kein einfacher Anstrich. Es gibt Anzeichen dafür, dass auf dem kühlen Rosa ebenfalls eine Bemalung existierte, nicht so barock und prächtig; wahrscheinlich waren nur das Gold von Monogramm und Jahreszahl stehengeblieben, und die tektonische Strukturierung des Steines teilweise mit Krapprot unterstützt worden, am linken Säulenfuß deutlich sichtbar.
Rosa war nicht nur das Hauptportal behandelt, sondern ebenfalls die Treppenwangen mit Sitzbänkchen der vorgesetzten kleinen Freitreppe. Da der hofseitige Türstock ebenfalls rosa war, lässt sich vermuten, dass die Fensterumrahmungen rechts und links vom Hauptportal auch Rosa waren, dass dieses Rosa zeitweilig die Schmuckfarbe des gesamten Hauses war.
Auch die nachfolgenden Portalübermalungen – grün und danach mehrfach unterschiedlich heIles Steingrau – werden wohl meist im Zusammenklang mit einer generellen Haus- bzw. Fassadenrenovierung gestanden haben.
Die letzte optisch bedeutsame Veränderung ist nach der Anlage des terrassierten Schaugartens ca. 1875 mit der wohl nach 1880 erfolgten Verbretterung des Obergeschosses geschehen.
Ein Foto zeigt das Obergeschoss noch unverbrettert, wie heute die Hofseite. Ebenfalls unverkleidet noch die Ständer und Bohlen der erdgeschossigen Blockstuben.
Der Schaugarten ist bereits angelegt, eine Geißblatt-Laube beschattete das Portal. Der noch biedermeierliche Eindruck verschwindet mit der erfolgten Renovierung,die Laube ist nun weg, das Portal und die neuen gequadert- verzierten Verbreiterungen sind in Steingrau gestrichen.
Das Ganze eine ländliche Variante der städtischen Gründerzeit-Stuck-Fassaden. Wie bei einer neuerlichen Renovierung das Steinportal aussehen sollte, ist nicht einfach zu entscheiden.
Sicher ist die stark farbige Erstfassung die interessanteste! Die letzte graue Fassung aber ist in Verbindung mit der (erneuerten) Obergeschossverbreiterung die authentischste.
Auch die rosafarbene und die grüne Fassung sind nicht reizlos. Fassung hin –Fassung her, das Wichtigste war eine sofortige sachkundige Restaurierung der schadhaften Holztür!
Ulrich Schreiber
Seifhennersdorf, 2006